Endlich, die Obst- und Kräutersaison hat begonnen

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Erst einmal vielen Dank an Tante Hedel! Aus deinem Rhabarber haben wir Sirup und den ersten Fruchtaufstrich des Jahres hergestellt. Das war auch bitter nötig, denn unsere Regale sind mittlerweile ziemlich leer.

Außerdem haben wir für euch ganz frisch zubereitet: Zitronenmelisse-Sirup und ein leichtes Sommersüppchen aus Möhren, etwas Zucchini, Kartoffeln und einem Gläschen Orangensaft.

Erlebnisreisen mit der Deutschen Bundesbahn

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Freitag, 08.05.2015, 7.58 Uhr, Lindau Hauptbahnhof, die GenussWerkstatt reist zurück.
Eine turbulente Klassenfahrt liegt fast hinter uns, wir haben 20 Schüler mental auf das zu erwartende Bahnchaos vorbereitet. Kollegin Uta hat telefoniert, Online-Portale gecheckt und eine alternative Zugroute gefunden. Die Reservierungen sind futsch, aber was soll’s, wir nehmen den Streik als Herausforderung an. Die erste Verbindung bis Kempen klappt bestens (Privatbahn Alex), auch der Anschlusszug kommt pünktlich. Leider fährt er nicht bis Ulm, sondern endet in Memmingen. Okay, aussteigen und warten, die Regionalbahn nach Ulm wird schon kommen. Tut sie auch, aber wir erreichen den nächsten Zug nicht mehr. Macht nichts, zwei Stunden auf dem Bahnhof sind nicht so schlimm, es gibt viel zu sehen, Pommes, Hamburger, Schokolade, eben alles, was Glückshormone freisetzt.
12.54 Uhr, der ICE hält auf Gleis 11. Mittlerweile stehen mächtig viele Leute auf dem Bahnsteig, aber wir schaffen es hinein. Schüler, Gepäck, Lehrer verteilen sich im Waggon. Sitzen auf dem Fußboden, stehen im Gang. Wie das eben so ist, wenn der Platz nicht reicht. Dann der nächste Halt in Mannheim. Innerlich schreie ich hurra, denn viele steigen aus, wir bekommen fast alle einen Sitzplatz – für einen klitzekleinen Augenblick. Denn natürlich steigen neue Fahrgäste ein, es werden immer mehr, darunter auch solche, die  eine Platzreservierung besitzen. In qualvoller Enge werden Plätze und Gepäck gewechselt. Aber noch ist alles gut, wir nehmen es sportlich. Dann die erste Ansage einer wenig empathischen Frauenstimme. Der Zug sei überfüllt und könne deshalb aus Sicherheitsgründen den Bahnhof nicht verlassen. Alle Passagiere ohne Reservierung müssten aussteigen. Es dürften maximal 35 Personen im Gang stehen. An diesem Punkt begehe ich einen eklatanten Fehler. Auf die Frage eines Schülers, ob wir denn reserviert hätten, antworte ich mit einem ehrlichen und offensichtlich gut zu verstehendem Nein. Damit habe ich uns geoutet und je aggressiver die Stimme aus dem Lautsprecher ertönt, umso mehr werden wir von einigen Mitreisenden bedrängt und beschimpft. Wir seien schuld, dass alle anderen ihre Anschlüsse verpassten. Wir sollten doch die angebotenen 25 Euro pro Person nehmen und uns einen Bus organisieren. Ich wäre eine vollkommen inkompetente Lehrerin, die zu blöd sei, Plätze zu reservieren und so weiter und so fort. Ein Geschäftsmann beschimpft die 13 jährige Marie. Sie solle gefälligst sofort den Zug verlassen, er hätte schließlich einen wichtigen Termin. Es gibt auch Mitreisende, die uns unterstützen, eher zurückhaltend und leise, aber immerhin. Zum Glück lassen sich die Schüler nicht provozieren, obwohl sie dieser leicht erregbaren, pubertierenden Altersklasse angehören. Es wird mehrfach mit einer Räumung durch die Bundespolizei gedroht, dann taucht ein Zugbegleiter auf und zählt die stehenden Passagiere. Das Ergebnis entspricht ganz offensichtlich den Bestimmungen und kurz darauf begrüßt uns die Dame aus dem Lautsprecher auf’s Herzlichste als Gäste der DB und kündigt die Weiterfahrt des Zuges an.
Nächster Halt Frankfurt. Wir steigen aus und kurze Zeit später wieder in einen ICE Richtung Hamburg ein. Die Abfahrt verzögert sich, eine freundliche Stimme erfüllt den Waggon und erklärt, dass aufgrund der Sicherheitsbestimmungen das Gepäck in die dafür vorgesehenen Ablagen gepackt werden müsse. Kein Problem, jeder tut, was er kann. Wir kennen uns mittlerweile aus, ein Blick in die einzelnen Wagen verrät, dass hier keine weiteren Probleme zu erwarten sind. Wahrscheinlich geht es gleich los. Nein, tut es nicht. Man erklärt uns, dass in diesem Zug überhaupt niemand stehen darf. Alle Passagiere, die keinen Sitzplatz haben, müssen hinaus, erst dann geht es weiter. (Ungläubiges Staunen bei den Vielfahrern, die jedes Wochenende über Koffer und Fahrgäste steigen.) Wir gehören also schon wieder zu den „Outlaws“. Diesmal sind die Mitreisenden solidarisch, mit und ohne Reservierung. Es herrscht Einigkeit darüber, dass alle den Reisepreis bezahlt haben und für den Streik rein gar nichts können. Sofort suche ich nach einem Erklärungsansatz. Sind Menschen, die in die Finanzmetropole Frankfurt reisen weniger empathisch als solche, deren Ziel die Hansestadt Hamburg ist? Oder haben wir auf unserer Reise durch die Republik in 15 Stunden die Bandbreite menschlichen Verhaltens kennengelernt. Dann danke, GDL. Wie dem auch sei, der Zug rührt sich nicht von der Stelle, es steigen immer mehr Fahrgäste zu. Sie freuen sich, trotz der eigenen Verspätung den Anschlusszug noch erreicht zu haben – die Ahnungslosen. Die Lautprecherstimme bleibt freundlich, nach einer gefühlten Ewigkeit wird ein Extrazug nach Hannover bereitgestellt. Wir steigen um, warten wieder, dann geht es endlich weiter.
Fast geschafft: der Nachhauseweg, wir Lehrer und die Schüler. Sie sind jetzt lauter geworden, haben Durst, Hunger und keinen Bock mehr. Tut mir leid, liebe Mitreisende, aber nach so einem Tag ist das Beste von uns schon im Sparmodus.
Der Rest ist jetzt ein Kinderspiel. Von Hannover in den Regionalexpress Richtung Braunschweig und dann noch ein letzter Umstieg nach Königslutter. Um 21.34 Uhr haben wir es geschafft! Keinen Schüler und kein Gepäckstück verloren, zig Telefonate mit Eltern geführt und bereits beschlossen, dass wir das nächste Mal wandern.

Petra Oppe